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       Xarelto – Mittel der Wahl oder Mittel der Qual?

8. Januar 2014 | Von | Kategorie: Medikamente

Xarelto: ein weiterer Milliarden-Produkt der Firma Bayer. Aufgabe: Blutgerinnungshemmer. Das bekannteste (und mit das älteste) Produkt aus dieser Medikamentenklasse ist Marcumar, bei dem der Patentschutz schon längst abgelaufen ist.

Aber man ist ja findig und bringt wieder ein Medikament auf den Markt (das natürlich wieder Patentschutz hat) und das dem Wohle der Patienten dienen soll. Und das Ganze natürlich “besser” als z.B. das “alte” Marcumar. Aber: Es gibt es eine kleine Palette von Ungereimtheiten und Fragen, die für den Patienten mit mehr als nur einem Schrecken enden könnten…

Eine evidenzbasierte Bayerische Unverschämtheit?

Xarelto ist ein Medikament, das sehr viele ”Eigenschaften” hat – ein wahres “Wundermittel”. Denn was ich so bei der Recherche fand, wunderte mich schon sehr. Das fängt bereits damit an, dass es für diese Substanz anscheinend überhaupt keine Unterlagen gibt, die die Sicherheit und Wirksamkeit über einen längeren Zeitraum beurteilen – jedenfalls habe ich keine gefunden. Und die Daten die es gibt, wurden wohl (wieder einmal?) an einer leidenden Bevölkerung erhoben, ohne Honorar für die “Versuchskaninchen” und ohne Verantwortung für den Konzern, wenn die Sache in die Hose gehen sollte (https://en.wikipedia.org/wiki/Rivaroxaban – Long term safety).

Auch die Liste der Nebenwirkungen ist lang und unterscheidet sich weitestgehend nicht von alten Präparaten. Bayer beansprucht stolz eine etwas geringere Blutungsneigung unter Xarelto-Einnahme, als zum Beispiel unter Marcumar. Wer aber jetzt glaubt, ein todsicheres Argument für ein Umsteigen von Marcumar auf das “neue” Bayer-Produkt in der Hand zu haben, der sollte folgendes bedenken: Blutgerinnungshemmer sind nicht einfach zu dosieren. Das gilt auch für Marcumar. Aber bei einer Überdosierung von Marcumar kann man immerhin mit hochdosiertem Vitamin K und der Gabe von Gerinnungsfaktoren den begangenen “Fehler” einigermaßen korrigieren.

Bei Xarelto ist das derzeit nicht möglich. Es ist nicht zu fassen, aber für diese Substanz gibt es kein Zurück – kein Antidot.

Bei einer Überdosierung ist der betroffene Patient für die nächsten 24 Stunden und länger nach seiner letzten Dosis seinem Schicksal überlassen. Es gibt eine Studie, bei der die Gabe eines Prothrombin-Komplex-Konzentrats eine antidotähnliche Wirkung bei 12 gesunden Probanden zeigte, was aber kaum als signifikante Aussage für den klinischen Gebrauch gewertet werden kann (Reversal of rivaroxaban and dabigatran by prothrombin complex concentrate: a randomized, placebo-controlled, crossover study in healthy subjects). Jedenfalls würden Studien dieser Art mit einem Naturheilmittel sofort als qualitativ minderwertig und somit ohne Bedeutung abgetan.

Ein weiteres Highlight dieser Xarelto-Bayer-Substanz kommt auf den Patienten zu, wenn er das Medikament nicht mehr nehmen möchte. Denn dann läuft er Gefahr, dass er sich das holt, was er mit der Einnahme vermeiden wollte:

Ein in diesem Fall nachträglich erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall.

Die Minimalanforderung in diesem Szenario ist die Weiterführung der Antikoagulationstherapie mit einem anderen adäquaten Gerinnungshemmer – oder am besten gleich mit dem Bayer-Produkt, gell? Es wird jeden Patienten besonders freuen, wenn er erfährt, dass ein Absetzen seines sauteuren Gerinnungshemmers von Bayer zu einem Schlaganfall führen kann. Sehr wahrscheinlich führt alleine die Nachricht von dem Rebound-Effekt bei der Bayer-Substanz schon zu einem solchen.

Andere “schöne” Nebenwirkungen (mit einer Wahrscheinlichkeit von 10 Prozent): Anämien, Wundsekretionen, Pruritus (Juckreiz), Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen, Synkopen (Kreislaufkollaps), Bauchschmerzen, periphere Ödeme, Schwächezustände und Energielosigkeit.

Dazu gesellen sich noch medikamentöse Wechselwirkungen mit fast allem, was in der Apotheke Rang und Namen hat.

Ein Hoch auf die evidenzbornierten Zulassungsstudien


Ein Hauptvorteil von Xarelto besteht mitnichten in einer besseren Wirksamkeit, sondern in weniger Nebenwirkung im Vergleich zu den alten Gerinnungshemmern. So gesehen in der „Rocket-AF-Studie“ aus dem Jahr 2010 (die übrigens auch den Rebound-Effekt bestätigte). Eine andere Arbeit, die MAGELLAN-Studie, jedoch zeigte das komplette Gegenteil:

Unter Xarelto gab es alleine am 10. Tag der Studie schon 5 Fälle von Blutungen, die für die Betroffenen tödlich endeten. Nach 35 Tagen erlagen insgesamt 7 Patienten ihren Blutungen, gegenüber (“nur”) einem Fall bei der Vergleichssubstanz Enoxaparin

(Handelsnamen Clexane®, Lovenox®, Xaparin), einem niedermolekularen Gerinnungshemmer ohne Lizenz zum Geld drucken, äh… Patentschutz.

Eine weitere Studie zeigte ebenfalls, dass man von der Substanz wenig Gutes zu erwarten hat: Die ATLAS ACS 2 TIMI 51 Studie (Einfluss auf das akute Koronarsyndrom), eine Studie, die von Johnson & Johnson durchgeführt wurde (http://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT00809965?term=rivaroxaban+AND+acute&rank=2), zeigte keine Wirkung auf Herzinfarkte und Schlaganfälle. Eine Verdoppelung der Dosis von zweimal 2,5 Milligramm pro Tag auf zweimal 5 Milligramm ergab auch keine günstigen Effekte auf die Mortalität, erhöhte dafür aber die Nebenwirkungen wie Blutungen. Dazu kam dann noch, dass in dieser Studie eine ganze Reihe von Patienten ausfielen und die Nachverfolgung der Patienten nur lückenhaft war – ein echtes Glanzstück in Sachen wissenschaftlicher Studie seitens der betreibenden Pharmafirma.

Heute geht man (meines Wissens) davon aus, dass Patienten mit einem zuvor durchgemachten Schlaganfall oder einer Transitorischen ischämischen Attacke (eine Durchblutungsstörung im Gehirn), nicht für eine Therapie mit dem Medikament geeignet sind. Das ist bemerkenswert, wo doch gerade diese Patientengruppe die Erste sein sollte, die von diesem neuen „genialen“ Produkt profitieren sollte.

Fazit


Nichts Neues im Westen Deutschlands, wo Leverkusen liegt. Bayer stampft eine chemische Substanz aus dem Rheinboden, die in einem gewinnträchtigen Segment menschlichen Elends (=Krankheiten), mithelfen soll, ordentlich … äh – ja was eigentlich?

Wenn es nur um die Kohle ginge, dann soll man sich nicht so zieren und die paar dummen Nebenwirkungen ruhig in Kauf nehmen. Wenn man dann die Milliardengrenze erreicht hat und es wären wirklich zu viele Patienten durch die Substanz verstorben, dann könnte man ja das Produkt immer noch vom Markt nehmen; oder man verkauft die Substanz exklusiv nach Asien - soll ja auch schon vorgekommen sein.

Der Anfang ist auch hier schon gemacht worden: Laut „Spiegel“ gab es 2012 schon 750 Nebenwirkungsfälle mit 58 Toten. 2013 waren es dann 968 Fälle mit Nebenwirkungen und 75 Todesfälle (spiegel.de/wissenschaft/medizin/bayer-blutverduenner-xarelto-unter-verdacht-a-921048.html – ich bin ja kein großer Freund des Spiegels – aber da haben die Redakteure wirklich gute Arbeit geleistet).

Jedenfalls: um den Zeitpunkt der Marktrücknahme hinauszuzögern, werden anscheinend “Xarelto-Tote” einfach nicht als solche registriert. Der „Spiegel“ erklärt dies mit folgenden Worten: Unter anderem fehlten Daten in der vom Hersteller finanzierten Zulassungsstudie, die im renommierten Fachmagazin „New England Journal of Medicine” veröffentlicht wurde. Stichprobenartige Überprüfungen der Primärdaten, so das “arznei-telegramm”, hätten ergeben, dass mehrere Todesfälle bei Patienten, die Rivaroxaban erhalten hatten, “infolge zweifelhafter Zensierung nicht erfasst sind”.

Noch weitere evidenzbasierte Fragen zu Xarelto?

Aber vielleicht zu anderen netten Mitteln und Methoden?

  • Mit HI-Viren infizierte Medikamente? Und nach Asien verkauft, anscheinend wissentlich und ohne Bedenken?
    Tödlicher Ausverkauf: Wie AIDS nach Asien exportiert wurde.
  • Antibaby-Pille gefällig? Da gibt´s doch bestimmt auch was! Und gleich noch ein paar kräftige Nebenwirkungen dazu…
    Tod durch die Pille? und Die besten Medikamente zum Krankwerden?
  • Bayer hat(te) auch einen Cholesterinsenker, genannt „Lipobay“. Im Jahr 2001 zog die Firma den Milliarden-Goldesel vom Markt zurück, da es wieder Nebenwirkungen gab, die wissenschaftlich nicht mit der Gabe des Medikaments in Zusammenhang zu bringen waren. Wie immer, war die Firma natürlich nur und ausschließlich am Wohl der Patienten interessiert:
    Der Lipobay-Skandal.

Heute gelten diese Dinge als abgehakt. Was aber nicht abgehakt zu sein scheint, ist eine Einstellung bestimmter Firmen zu den Patienten und der Firmenpolitik. Denn die “neuen” Produkte machen anscheinend da weiter, wo die Alten aufgehört haben…