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Cholesterinsenker – Es wird immer TOLLER

Wenn man dem Bericht des The Guardian aus dem Mai 2014 glauben möchte, dann gibt es eine sehr, sehr merkwürdige (oder besser: beachtenswerte) Reaktion der Schulmedizin auf Studien, die die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Statinen (zur Senkung des Cholesterins) in Zweifel gezogen haben.Statine und Nebenwirkungen? Unverträglichkeiten? Wirkdefizite? Das kann nicht sein, denn die Statine werden millionenfach verschrieben und die Menschheit existiert immer noch, oder? Aber das ist auf der anderen Seite kein Wunder, denn es existieren immer noch gewisse Unterschiede zwischen den Statinen und einer Atombombe. Es stellt sich also die Frage: Wie kommen diese Zweifler auf den Gedanken, dass Statine nicht das sind, als was sie gehandelt werden – nämlich als die optimalen Beschützer vor Herzinfarkt, Arteriosklerose und kardiovaskulären Erkrankungen und gleichzeitig als lebensverlängernde Substanzen. Wenn das alles wirklich stimmen sollte, dann plädiere ich dafür dieses Zeug im Brot zu verbacken und ins Trinkwasser zu geben.

Studien wider die Statine

An dieser Stelle auf die Argumente einzugehen, die Statine als „das unnötigste und vielleicht auch als eins der gefährlichsten“ Medikamente qualifiziert, wäre zu umfangreich. Ich hatte bereits eine Reihe von Beiträgen verfasst, die sich mit der aktuellen Studienlage beschäftigen:

Anmerkung und kleine “Eigenwerbung”: Wenn Sie dieses Thema näher interessiert, bestellen Sie mein Buch: Das Märchen vom bösen Cholesterin. Darin gehe ich wesentlich ausführlicher auf das Thema ein und zeige auch Alternativen.

Diese Artikel sind nur eine kleine Auswahl an Artikeln, die dieses Thema behandeln. Weiterführende Links zu anderen Artikeln finden Sie in den jeweiligen Arbeiten. Begeben wir uns aber auf den Weg:

Zurück in den Märchenwald

Die oben zitierte „Daily Mail“ schildert uns den heroischen Kampf von Hänsel Schulmedizin und Gretel Pharma gegen die böse Hexe Zweifelix, die im Märchen zumindest zu guter Letzt verbrannt wird. Dieser heroische Kampf besteht zu erst einmal darin, die Zweifler (Hexe) ins Feuer der Unglaubwürdigkeit zu stoßen, indem man die von den Zweiflern unterstellten Nebenwirkungen von Statinen als 20-fach übertrieben beschreibt. Das Journal, „British Medical Journal“ (BMJ), reagierte (fast) sofort und zog die Aussagen der Autoren, dass Statine Nebenwirkungen bei 20 Prozent der Patienten bewirken, zurück, ohne aber den eigentlichen Artikel zurückzuziehen.

Natürlich kommt an dieser Stelle der Oberförster hinzu, ein angeblich führender Statin-Erforscher, der die Nebenwirkungen auf ein Prozent beziffert, was wir jetzt mal zu glauben haben, ohne Namensnennung und ohne Quellenangaben – denn wir befinden uns ja in einem Märchen. Und damit die Kinder, die dieses Märchen mit der bösen Hexe (beziehungsweise die Patienten) die die Aussagen der Zweifler lesen), sich nicht unnötig zu fürchten brauchen, biegt das Märchen vorzeitig verfrüht auf die Zielgerade ein und erzählt uns von der „lebensrettenden“ Medizin, die die böse Hexe den lieben Patienten vorenthalten will.

Inzwischen hat der Oberförster auch einen Namen bekommen: Prof. Sir Rory Collins, ein britischer Epidemiologe, der 2011 zum Ritter geschlagen wurde - was ja passt, da in Märchen auch Ritter vorkommen. Dieser Ritter also geht mit der Hexe hart ins Gericht. Er bezichtigt die Autoren der überzogenen Nebenwirkungen wiederholter Fehldarstellungen zu diesem Thema. Dabei hat sich die Hexe als so bösartig erwiesen, da der Ritter beweisen kann, dass dies auch noch erfolgte, als die Fehler schon längst bekannt und berichtigt worden waren.

Kein Wunder also, wenn unser Ritter die sofortige Verbrennung der Hexe fordert: (übersetzt) „Ein solches Fehlverhalten sollte in angemessener Weise beantwortet und die höchst fragwürdigen Arbeiten im öffentlichen Interesse zurückgezogen werden.“ Ich sehe es: Der Ofen brennt schon… Und der Ofen wird noch heißer. Denn sofort kommt der immer wieder erfolgreiche taktische Schachzug, den die Schulmedizin immer dann einsetzt, wenn ihr die Argumente ausgehen: Die Drohung und das Schüren von Angst (vor der bösen Hexe).

Unser ritterlicher Oberförster tönt: „Falls Patienten mit einem erhöhten Risiko aufhören, Statine einzunehmen – oder keine Therapie mit Statinen beginnen – dann werden sie unnötige Herzinfarkte und Schlaganfälle erleiden.“ Hört, hört! Es scheint also neben unnötigen auch nötige Herzinfarkte und Schlaganfälle zu geben. Die Gebrüder Grimm drehen sich gerade im Grab herum. Aber ein Ritter wäre kein Ritter, wenn er nicht noch weiter ausholen könnte: „Es wird unnötige (schon wieder!) Todesfälle geben aufgrund von vaskulären Erkrankungen. Dies (er meint die Fehldarstellung zu den Statinen und deren Nebenwirkungen) ist ein überaus schlechter Dienst an der Medizin.

AHA! Das klingt nach Verrat an der heiligen Mutter Schulmedizin, der nur mit einem gerechten Urteil bestraft werden kann: Ab auf den Scheiterhaufen, wie all die anderen Hexen seinerzeit auch. Denn, so jammert die Presse in Großbritannien, nehmen in Großbritannien immerhin 8 Millionen Patienten Statine ein, da sie ein Risiko für eine Herzerkrankung haben, die durch die Kampagne der Zweifler selbst in Zweifel geraten und verunsichert werden. Na das nenne ich doch ein stichhaltiges Argument: Wider die Verunsicherung.

Es geht hier also gar nicht um die Gesundheit und um irgend so ein Risiko von irgend was. Es geht um die Vermeidung von Verunsicherung. Die Menschen sollen also wirkungsarme, nebenwirkungsreiche Medikamente einnehmen, damit ihnen die Verunsicherung genommen wird? Leider kenne ich keine Studie, die weniger Verunsicherten bescheinigt, dass sie jetzt ein geringeres Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen haben, als die Verunsicherten. Scheint wohl ein homöopathischer Plazeboeffekt zu sein… jetzt bin ich etwas verunsichert. Aber gegen Verunsicherung gibt es ja Statine (Beispiel einer modernen Indikationserweiterung im Rahmen von erhöhten Umsatzvorgaben). Hm… das wird jetzt selbst mir zu kompliziert… Machen wir lieber mit der Märchenstunde weiter.

Der Hexer

Jetzt kommt der Auftritt des Hexers: John Abramson und seine Kollegen. Der behauptete, dass die Gabe von Statinen auch an Patienten mit einem nicht ganz so hohen Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle mehr als fragwürdig sei. Denn die Statine hätten nicht beweisen können, dass sie in der Lage wären, in dieser Gruppe lebensrettend zu wirken. Dagegen, so der Hexer und seine Helfershelfer, hätte eine Beobachtungsstudie ergeben, dass 18 bis 20 Prozent der Patienten unter Statinen eine Reihe von Nebenwirkungen zu erdulden hatten, wie Lebererkrankungen und Nierenprobleme.

Unverschämterweise erdreistete sich auch noch ein Kardiologe in der BMJ, diese Beobachtungen zu bestätigen. Wenn das nicht nach Revolution im Märchenland riecht!

In der Tat gibt es eine Reihe von Veröffentlichungen von Abramson zu diesem Thema, die Hänsel und Gretel Grund zur Sorge geben könnten: Should people at low risk of cardiovascular disease take a statin? Dies ist die eben erwähnte Arbeit, in der Abramson und seine Kollegen die Notwendigkeit von Statinen bei risikoarmen Patientengruppen bezweifelt. Die Arbeit gewinnt ihre Ergebnisse mittels einem in der Schulmedizin hochgelobten Analyseverfahren – der Meta-Analyse – die hier zum Einsatz kam, basierend auf Daten aus der Cochrane Datenbank.

Stünde hier die Homöopathie zur Diskussion, dann gäbe es keine große Diskussion, dass die Ergebnisse hieb- und stichfest seien. Dann ständen in der Zeitung Überschriften wie: „Endlich eindeutig und unzweifelhaft bewiesen – Homöopathie ist Märchen für Kranke“. Aber an dem Märchen von den Statinen darf man nicht ungestraft zweifeln.

UND: Unser “Hexer” ist auch noch ein Wiederholungstäter: Cholesterol lowering, cardiovascular diseases, and the rosuvastatin-JUPITER controversy: a critical reappraisal. Er und eine Reihe von Kollegen untersuchen eine Studie, die den bezeichnenden Titel „Justification for the Use of Statins in Primary Prevention“ oder JUPITER trägt.

Das Umwerfende hier ist, dass der Titel der Studie eigentlich schon das gewünschte, erhoffte, erzwungene Ergebnis verrät: Man will mit der Arbeit beweisen, dass Statine zum Einsatz kommen müssen, und wenn Himmel und Hölle einstürzen. Resultat von Abramson und seinen Hexen: „Die Studie war fehlerhaft.“ Sie wurde vorzeitig ohne ein signifikantes Ergebnis abgebrochen. Es gab zwar eine signifikante Reduktion von nicht tödlichen Schlaganfällen und Herzinfarkten, ohne aber die Mortalität zu senken. Aber genau das wird den Statinen immer wieder gebetsmühlenartig untergejubelt – bis dass es alle glauben.

Die Autoren vermuten auch eine voreingenommene Ausrichtung und Durchführung dieser Studie seitens der Betreiber, da hier starke kommerzielle Interessen hinter der Studie gestanden hatten. Die Autoren schlossen aus ihren Beobachtungen, dass die Studie alles andere als einen Einsatz zur Primärprävention von kardiovaskulären Erkrankungen rechtfertigen oder empfehlen kann. Vielmehr zeige diese Studie deutlich, wie kommerzielle Interessen ein Studienergebnis „verbiegen“ können.

Anscheinend scheint Abramson auch kein sonderlich gutes Verhältnis zur sogenannten „evidenzbasierten“ Medizin zu haben, obwohl er selbst Mediziner ist: The effect of conflict of interest on biomedical research and clinical practice guidelines: can we trust the evidence in evidence-based medicine? In diesem Artikel bescheinigt er der evidenzblasierten Wissenschaft der Schulmedizin, dass selbst bei der höchsten Qualität klinischer Forschung die finanzielle Zuwendung seitens der Industrie eine 5,3-mal höhere Wahrscheinlichkeit für industriefreundliche Ergebnisse erzeugt als eine Förderung aus unabhängigen Mitteln. Auch hier wieder das Phänomen, dass Studien aus der Pharmaindustrie unter dem Tisch verhandelt werden und Forschungsdaten nicht freigegeben werden (siehe als Beispiel: Pfizer verweigert Studienergebnisse).

Editoren von Fachjournalen, Peer-Viewers etc., von denen man erwartet, dass sie die zu veröffentlichenden Studien einer eingehenden Prüfung unterziehen, stehen unter solchen Verhältnissen in der Wüste. Aber da man Geld verdient mit diesen Veröffentlichungen, wird veröffentlicht, was die Industrie vorgibt. So werden die Kontrolleure der Zeitschriften und Journale zum wissenschaftlichen Feigenblatt degradiert, die dem Marketing der Pharmaindustrie zu einem weiteren wissenschaftlichen Anstrich verhelfen. Besonders interessant in dieser Veröffentlichung ist die Beschreibung industrieller Interessen am Beispiel von Vioxx. Hier wurde ganz offensichtlich ein Produkt auf den Markt gebracht, das sogar schlechter wirkte als alte und vor allem viel preiswertere Konkurrenzprodukte. Was mit Vioxx geschah und wie viele Tote es produzierte, das ist längst bekannt.

Warum Statine doch notwendig sind…

Ein Bericht der „Daily Mailprozentiges Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle hatten. Studien, die alle gezeigt haben wollen, dass Statine auch bei abstehenden Ohren wirken… und überhaupt.

Es bahnt sich in unserem Märchen (Sie ahnen es sicher auch schon), das „und wenn sie nicht gestorben sind“ Ende an. Für mich sind jedenfalls diese 27 Studien gestorben, denn sie gehören für mich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu den 5,3-fach verbogenen Ergebnis-Studien, die beweisen wofür man sie durchgeführt hat.

Bei aller Euphorie von Seiten der Befürworter und dem Feiern des Zurückziehens der Behauptung von Abramson, dass Statine bei geringem Risiko nicht wirken, aber 20 Prozent Nebenwirkungen schaffen, kommt doch noch zum Schluss als Rumpelstilzchen ein Kardiologe zu Wort. Der hatte schon zuvor behauptet, dass das mit den 20 Prozent vollkommen mit seinen Erfahrungen übereinstimmt. Und er taucht dann einmal ein in die Logik der schulmedizinischen Prozentrechnung. Statt mit Prozenten rechnet er mit absoluten Zahlen. Da sieht die Sache dann nicht mehr so imposant aus: Eine 30-prozentige Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen bedeutet bei einem Risiko von durchschnittlich 1 Prozent, dass ein Einsatz von Statinen das Risiko auf 0,7 Prozent verringert. Und das ist beschämend wenig. Dagegen moniert der Kardiologe, dass er zu viele Nebenwirkungen gesehen hat in seiner Laufbahn als Arzt. Das sonst so hoch gepriesene Verhältnis von Nutzen gegenüber möglichen Schäden scheint bei der Auftragslage keine Rolle mehr zu spielen.

Fazit

Die Statine als Mittel zur Senkung des Cholesterins stehen unter Beschuss. Die heftige Reaktion Seitens der Schulmedizin und Pharmaindustrie spricht mehr darüber als ein medizinisches Lexikon. Die Reaktion ist traditionell unfair und unprofessionell und erinnert mich unter anderem an Dr. Andrew Wakefield, der auch gezwungen wurde, seine unliebsamen Ergebnisse zurückzuziehen, ohne dass ihm dabei ein Fehler hat bewiesen werden können (Britische Richter verurteilen „Hexenjagd“ auf abtrünnige Ärzte).

Merkwürdigerweise gehen solche Nachrichten in keine Reportagen im Fernsehen ein – da wird immer noch berichtet, dass die Erde eine Scheibe ist und Galileo Galilei dies ja auch offziell widerrufen habe. Prof. Séralini und seine unliebsamen Forschungsergebnisse zur Gentechnik und Glyphosat sind ein weiteres Beispiel, wie mittelalterlich die Schulmedizin gegen unliebsame „Rumpelstilzchen“ vorgeht. Und es kommt, wie es kommen muss. Die Patienten schlucken (hoffentlich) gläubig ihre Statin-Tabletten und leben glücklich und zufrieden bis an ihr seliges Ende. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann schlucken sie noch heute.

Und wenn Ihnen das noch nicht reicht, bestellen Sie meinen Report: Das Märchen vom bösen Cholesterin. Darin gehe ich auf weitere “Ungeheuerlichkeiten” ein. Allerdings ohne Märchenstunde.