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Big Pharma: Bisher 3.000 – jetzt 33.000 Euro pro Medikament

von René Gräber

Es ist wieder soweit: Die Pharmaindustrie glänzt wieder einmal mit Aktionen, die meine vor Jahren in den Raum gestellten Behauptungen voll und ganz bestätigen, auch im Nachhinein.

Worum geht es hier? Es geht um ein Medikament für, bzw. gegen die Multiple Sklerose.

Zur Multiplen Sklerose (MS) muss ich gleich vorausschicken, dass ich diese in gewisser Weise für heilbar halte! Mehr dazu in meinem Grundsatzbeitrag zu dieser Erkrankung: Multiple Sklerose MS – Therapie und Heilung.

Und die dass die MS ein RIESENGESCHÄFT ist, hatte ich auch schon mal belegt: Multiple Sklerose – Das neue Milliardengeschäft. Hier steht eine alte Substanz im Mittelpunkt, die ursprünglich zur Behandlung von Psoriasis eingesetzt wurde beziehungsweise wird, und jetzt in höherer Dosierung einen Effekt bei der Multiplen Sklerose haben soll. Aber nicht nur die Dosis ist erhöht, sondern auch der Preis für die Substanz, und das in einem überproportionalen Maße.

Und heute hat die Industrie „noch Einen drauf gesetzt“. Und dieser „Eine“ ist so gewaltig, dass selbst der normale „Medienzirkus“ aufgeschreckt ist und die Raffgier anprangert.

 

 

 

Roche als Verwandlungskünstler

Es geht um eine Substanz, die selbstverständlich wieder einmal ein „Durchbruch“ in der Therapie der MS sein soll. Die neue Substanz hört auf den Namen „Ocrelizumab“. Die Einführung dieser Substanz soll der „Todesstoß“ für eine ältere Substanz werden, die in schulmedizinischen Fachkreisen als zuverlässig und gut verträglich eingestuft wird: „Rituximab“. Diese Substanz hat nur eine Zulassung zur Behandlung von einigen Krebserkrankungen, nicht aber der MS.

Beide Substanzen kommen von der Firma Roche. Der Unterschied? Auf dem Preisschild der alten Substanz steht 3.000 EUR, auf dem der neuen Substanz 33.000 EUR. Wie also rechtfertigt die Firma diesen enormen Preisunterschied?

Antwort: Mit Verwandlungskünsten!

Um den Start der neuen Substanz optimal zu gestalten, besinnt sich die Firma der Tatsache, dass ihre alte Substanz eigentlich überhaupt gar keine offizielle Zulassung zur Behandlung der MS hat, ganz im Gegensatz zur neuen Substanz (Off-Label-Einsatz seit den 2000er Jahren). Wo früher (und heute und morgen auch) die Gier nach Umsatz keine Skrupel vor einem gesetzeswidrigen Umgang beim Einsatz der Produkte hatte, besinnen sich diese Gesellen plötzlich heuchlerisch auf die fehlende Zulassung und pfeffern ihre Abkehr von ihrem gesetzeswidrigen Tun mit den entsprechend saftigen Preisen. Oder mit anderen Worten: Wenn die gesetzlichen Bestimmungen sich für unsere geschäftlichen Zwecke nutzen lassen, dann halten wir uns auch an die Gesetze. Und für die sich plötzlich einstellende Konformität mit dem Gesetz erheben wir dann die entsprechenden Gebühren. Wo kämen wir denn dahin, wenn sich jeder an das Gesetz halten würde?

Aber nicht nur die existierende gesetzliche Zulassung der neuen Substanz ist ein Vorteil gegenüber der alten. Denn die könnte man ja auch durch entsprechende Studien und Zulassungsverfahren mit einer Zulassung versehen. Aber damit würde sich die Firma einen Konkurrenten im eigenen Haus verschaffen, der über 90 Prozent weniger kostet als das neue Baby, was jetzt schon ein Blockbuster zu werden verspricht. Immerhin brachte das neue Baby im Jahr 2017 über 850 Millionen Schweizer Franken in die Kassen von Roche.

Der Verbiegung zweiter Teil

Also bedarf es eines Arguments, warum man nicht einfach die alte Substanz einer Nachzulassung unterzieht, wo die doch schon so lange so gut gegen MS gewirkt hat, sondern stattdessen auf die neue Substanz setzt. Und hier kommt wieder die Sache mit dem „Durchbruch“ ins Spiel. Die Firma hat ein anderes Wort dafür: „Revolutionär der MS-Therapie“.

Das durchbrechend Revolutionäre von Ocrelizumab liegt angeblich in einer höheren Wirksamkeit und einer besseren Verträglichkeit als das alte Mittel. Und dann gibt es ja auch noch viel weniger „Infusionsreaktionen“.

Die schulmedizinische Fachwelt dagegen kann sich mit dieser Argumentation kaum anfreunden. Die MS-Spezialisten sehen kaum Unterschiede bei der klinischen Anwendung. Zur Frage der Verträglichkeit und „Infusionsreaktionen“ gibt es keine Aussagen.

Dieses anscheinend ach so nebenwirkungsarme Medikament scheint dann doch nicht so nebenwirkungsarm zu sein, wie es uns die Legoland-Strategen vom Roche-Marketing glauben machen wollen. Jedenfalls berichtet Drugs.com von etlichen Nebenwirkung in stattlicher Zahl: Ocrelizumab Side Effects in Detail – Drugs.com

Da wir uns aber bei den Verwandlungskünsten und Verbiegungen befinden, kann ich nur annehmen, dass die hier aufgeführten Nebenwirkungen in Häufigkeit und Schwere ebenfalls zu „besonders verträglich“ und „frei von Nebenwirkungen“ um definiert worden sind:

  • Sehr häufiges Vorkommen (entspricht zehn Prozent und mehr): Infektionen der oberen Atemwege bis zu 49 Prozent.
  • Häufiges Vorkommen (zwischen einem und zehn Prozent): Infektionen der unteren Atemwege.
  • Häufig: Depressionen.
  • Selten (zwischen 0,1 Prozent und einem Prozent): Brustkrebs. Beachtenswert: Sogar Wikipedia weist in ihrer deutschen Ausgabe auf dieses Risiko hin und ermahnt Frauen unter dieser Medikation zu regelmäßigen Vorsorgekontrollen!
  • Häufig: Rückenschmerzen, Schmerzen in den Extremitäten.
  • Sehr häufig: Die beschworenen „Infusionsreaktionen“, die hier mit 40 Prozent beziffert werden. Ein Vergleich dazu mit der alten Substanz Rituximab, für die Drugs.com (Rituximab Side Effects in Detail – Drugs.com) eine Häufigkeit von „nur“ 27 Prozent angibt. Wie blöd muss man sein, andere für so blöd zu halten, solche Lügengeschichten ungesehen und unverdaut zu schlucken!
  • Häufig: Infektionen, die mit Herpes assoziiert sind.
  • Sehr häufig: Abnahme der Neutrophilen bei 13 Prozent der Fälle.
  • Sehr häufig: Hautinfektionen bei 14 Prozent.Bei diesem Nebenwirkungsprofil, wie es sich bei Drugs.com darstellt, werden wir mit einiger Wahrscheinlichkeit in Zukunft eine Reihe von „revolutionären“ Todesfolgen zu erwarten haben, die auf diese Substanz zurückzuführen sind, und wo dann Roche mit Händen und Füßen jeden Zusammenhang von sich weißt… Richtig, die Betroffenen hatten ja auch keine Arthritis…
  • Über Wikipedia erfahren wir auch, dass Ocrelizumab eigentlich ein Medikament zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis werden sollte. Da es aber bei den Tests zu Todesfällen kam, hatte man diese Idee verworfen und sich stattdessen auf die Behandlung von MS konzentriert. Ach so! Wie darf man jetzt dieses Szenario interpretieren?

Alternativen zum Profitwahn

MS ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die meines Erachtens den Einsatz von alternativen und in gewisser Weise auch von schulmedizinischen Therapien (in gewissen Stadien) rechtfertigt. Hintergrund hier ist jedoch nicht der gesteigerte Umsatz von Behandlungseinheiten und Substanzen, sondern die Verbesserung der Heilungschancen der Betroffenen.

Bei Roche jedoch, so auch bei den meisten anderen Pharmafirmen in anderen Zusammenhängen, steht die Heilung der Patienten ganz unten auf der Prioritätenliste. Diese Dinge werden von der Industrie nur dann hervorgeholt, wenn sie marketingtechnisch gut ins Bild passen und dem Verkauf der Produkte dienlich sind.

Weniger verkaufsfördernd und umsatztreibend sind Strategien aus dem alternativen Bereich:

  • Ketogene Ernährung und Multiple Sklerose
  • Fasten bei Multipler Sklerose: Man könnte auch meinen, dass mit dem Preis der Behandlung die Häufigkeit und Schwere von Nebenwirkungen korreliert ist. Jedenfalls sind Fasten und die ketogene Diät im Vergleich zu Ocrelizumab konkurrenzlos preiswert und gleichzeitig nebenwirkungsarm bis nebenwirkungsfrei. Was also spricht gegen den Einsatz dieser Therapieformen als begleitende Maßnahmen oder als Prophylaxe gegen die Schubentwicklung? Die einzige Antwort dazu, die ich kenne, lautet, dass diese Maßnahmen umsatzstörenden Charakter haben, da sie für den Geschmack der Pharmaindustrie zu effektiv sind. Nur das würde diese nie und nimmer zugeben wollen.

Wie Sie diesen Beiträgen entnehmen können, gibt es sogar wissenschaftliche Arbeiten, die die Wirksamkeit dieser Maßnahmen belegen. Die Frage nach den Nebenwirkungen dieser Maßnahmen, vor allem im Hinblick beziehungsweise Vergleich auf das, was wir jetzt von Drugs.com über die „Revolution in der MS-Therapie“ erfahren haben, brauchen wir nicht weiter zu diskutieren.

Fazit

Roche zeigt wieder, wo der Hammer hängt. Eine Preissteigerung von über 1100 Prozent für ein neues Produkt, das keinesfalls 1100-prozentig besser ist als das alte Produkt, zeigt unverschämt und hüllenlos, worum es Roche speziell und der Pharmaindustrie im Allgemeinen geht: Profite auf Kosten und Knochen ihrer bemitleidenswerten Kundschaft. Und gesetzliche Auflagen werden nur dann zur Kenntnis genommen und eingehalten, wenn sie der Industrie in den Kram passen und umsatzfördernden Charakter aufweisen. Siehe zu diesem Thema auch: Die Pharmaindustrie – schlimmer als die Mafia?

Fazit vom Fazit: Bleibt gesund, sonst geht es Euch doppelt dreckig!