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Währungs-Derivate im Volumen von 74.000 Milliarden Dollar als tickende Zeitbome

Michael Snyder

 

Stehen wir am Rande einer beispiellosen globalen Währungskrise? Am Dienstag fiel der Euro kurzfristig unter 1,07 Dollar – das erste Mal seit nahezu zwölf Jahren. Und auch gegenüber nahezu jeder anderen wichtigen Währung gewinnt der Dollar an Wert. Allein in den vergangenen acht Monaten ist der Dollar-Index um erstaunliche 23 Prozent gestiegen, so schnell wie seit 1981 nicht mehr.

 

 

 

Ein starker US-Dollar ist doch gut, meinen Sie? Das stimmt nicht. Ein starker Dollar schadet dem amerikanischen Exportgeschäft und damit der US-Wirtschaft. Zudem hat die Dollar-Schwäche der vergangenen zehn Jahre den Schwellenländern eine enorme Expansion beschert. Wird der Dollar stärker, fällt es diesen Ländern schwerer, Kredite aufzunehmen und alte Schulden abzutragen.

 

 

Anders gesagt: Der Boom der Schwellenländer steht kurz davor, gegen die Wand zu fahren. Aber es ist nicht nur das: Man sollte nicht vergessen, dass Kreditinstitute aus aller Welt schwindelerregende Summen auf Wechselkursschwankungen gewettet haben.

 

Wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich meldet, sind Derivate in Höhe von 74 000 Milliarden Dollar an den Wert des US-Dollars, des Euro und anderer globaler Währungen gekoppelt. Wenn einem erstmal die Wechselkurse um die Ohren fliegen, kann man sich gewiss sein, dass irgendjemand da draußen gewaltige Summen in den Sand setzt. Platzt diese Derivateblase, wird alles Geld der Welt nicht ausreichen, um jeden zu retten.

 

Wissen Sie noch, was das letzte Mal geschah, als der US-Dollar zu einem vergleichbaren Höhenflug ansetzte? Wie die Grafik zeigt, war das Mitte 2008 und kurz darauf brach die schlimmste Finanzkrise seit der Weltwirtschaftskrise über uns herein …

 

 

Ein rascher Anstieg des US-Dollars wirkt stark deflationär auf die Weltwirtschaft. Alle Alarmsirenen heulen, aber kaum jemand registriert es. Unterdessen taumelt der Euro weiter in die Bedeutungslosigkeit …

 

 

Ich habe es schon zig Mal gesagt: Der Euro nimmt Kurs auf den tiefsten Stand in seiner Geschichte. Es wird zur Parität zum Dollar kommen und dann wird er unter den Dollar sacken.

 

Der Finanzwelt wird das gewaltige Kopfschmerzen bereiten. Europa versucht, seine Wirtschaftsprobleme in den Griff zu bekommen, indem man wie verrückt neues Geld druckt. Es ist die europäische Version der Quantitativen Lockerung, aber sie geht mit einigen sehr unschönen Nebenwirkungen einher.

 

Den Märkten wird nämlich langsam klar, dass ein weitersteigender US-Dollar letztlich sehr schlecht für die Börse sein wird.

 

Dass am Dienstag der Dow-Jones-Index um 332 Punkte einbrach, wird in erster Linie auf den starken US-Dollar zurückgeführt.

Der Dow-Jones-Index fiel um über 300 Punkte bis unter den gleitenden 50-Tage-Durchschnitt und machte die bisherigen Zugewinne dieses Jahres zunichte. Auch der S&P 500 schloss im Minus für das laufende Jahr und durchbrach den gleitenden 50-Tage-Durchschnitt, der als Indikator für die Marktentwicklung gilt. Nur der Nasdaq blieb mit 2,61 Prozent Zuwachs seit Jahresbeginn im Plus.

Es herrsche »Besorgnis, dass die Energie und die Stärke des Dollars in irgendeiner Form negative Folgen für die Wertpapiere haben könnten«, sagte Art Hogan, Chefstratege bei Wunderlich Securities. Die Marktentwicklung werde vor allem von der Geschwindigkeit getrieben, mit der der Dollar an Wert gewinnt, hinzu kämen durchwachsene Wirtschaftszahlen und die Sorge, dass die US-Notenbank die Zinssätze anheben könnte.

Wie bereits erwähnt: Steigt der US-Dollar, werden die Dinge, die wir an andere Länder verkaufen, teurer. Darunter leiden unsere Firmen. Das ist so simpel, sogar das Weiße Haus kapiert das:

Beteuerungen der Fed zum Trotz, dass eine Aufwertung des Dollars positive Folgen für den amerikanischen Arbeitsmarkt hat, erklärte das Weiße Haus nun in einer Pressemitteilung: »Eine Stärkung des US-Dollars ist Gegenwind für das amerikanische Konjunkturwachstum.«

Noch wichtiger jedoch ist, dass ein starker Dollar es vielen Schwellenländern erschweren wird, neue Kredite aufzunehmen und alte Darlehen abzuzahlen. Das gilt ganz besonders für Länder, die stark vom Rohstoffexport abhängig sind:

Ganz besonders hässlich wird es für Schwellenländer, die Rohstoffe fördern. Das Wirtschaftswachstum sehr vieler dieser Länder hängt vom Verkauf von Rohstoffen ab, weil diese Staaten noch keine ausreichend andere Wirtschaft entwickelt haben. Verlieren die Produkte ihrer zentralen Branchen an Wert, ziehen die ausländischen Investoren ihre Mittel ab, wenn ihre Währung gegenüber dem US-Dollar abwertet. Für die Länder wird es dann nicht nur schwer, ihre Schulden zu begleichen – es wird unmöglich.

Schätzungen zufolge haben die Schwellenländer seit der vorigen Finanzkrise über 3000 Milliarden Dollar an Krediten aufgenommen.

Doch jetzt kehrt sich der Prozess um, der den Schwellenländern überhaupt erst zu ihrem Boom verholfen hat. Die Weltwirtschaft wird vom billigen US-Dollar befeuert. Steigt der Dollar jedoch weiter im Wert, wird das beileibe keine frohe Kunde für alle sein. Die allergrößte Gefahr hierbei ist natürlich, dass die 74 000 Milliarden Dollar schwere Blase der Währungsderivate platzt. Das kann jederzeit der Fall sein.

 

Kreditinstitute arbeiten am Währungsmarkt mit ausgeklügelten Computeralgorithmen. Diese jedoch basieren letztlich auf von Menschen getroffenen Annahmen. Schwanken die Währungen nur wenig und ist die Lage auf dem globalen Finanzmarkt ruhig, funktionieren diese Algorithmen wirklich sehr, sehr gut.

 

Doch kommt es zu unerwarteten Ereignissen, können selbst Schwergewichte der Finanzbranche praktisch über Nacht in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus. Man erinnere sich nur an das, was Lehman Brothers 2008 zugestoßen ist. Unerwartete Ereignisse können innerhalb weniger Stunden einen Global Player aus dem Spiel nehmen.

 

Aktuell gibt es fünf amerikanische Banken, von denen jede mehr als 40 000 Milliarden Dollar in die eine oder andere Spielart von Derivaten investiert hat. Bei diesen Banken handelt es sich um JPMorgan Chase, die Bank of America, Goldman Sachs, die Citibank und Morgan Stanley.

 

Diese Kreditinstitute haben die Wall Street in ein gewaltiges Kasino verwandelt und auf diesem Wege enorm viel Geld verdient. Doch dafür legen sie auch einen ständigen Drahtseilakt hin. Eines schönen Tages wird ihnen ihr Vabanque-Spiel um die Ohren fliegen und dabei dem globalen Finanzsystem schweren Schaden zufügen.

 

Ich habe es schon so häufig gesagt und ich sage es wieder: Im Mittelpunkt der nächsten schweren Weltwirtschaftskrise werden die Derivate sein. Und dank der wilden Bewegungen, die der Währungsmarkt in den vergangenen Monaten hingelegt hat, stehen mittlerweile über 74 000 Milliarden Dollar an Währungsderivaten auf dem Spiel. Wer da keine Probleme am Horizont aufziehen sieht, der verschließt vorsätzlich die Augen.