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Machen Cholesterinsenker doof?

von René Graeber

Diese Frage ist vielleicht ein wenig zu harsch formuliert und schießt über das Ziel hinaus. Aber so langsam reicht es mir, dass diese Cholesterinsenker (allen voran die Gruppe der Statine), an Millionen von Patienten wie Bonbons im Karneval verteilt werden.

Aufmerksam wurde ich durch einem Beitrag der „Süddeutschen Zeitung“ vom 8. Juni 2015, dass Statine „kurzfristige Gedächtnisstörungen“ verursachen (sueddeutsche.de/wissen/gesundheit-fettsenker-unter-verdacht-1.2511613).

Diese Meldung steht in einem Zusammenhang mit einer Studie, die in der Fachzeitschrift JAMA Internal Medicine veröffentlicht wurde: Statin Therapy and Risk of Acute Memory Impairment. Diese Studie ist keine „richtige“ klinische Studie, sondern eine Meta-Analyse (in der eine Datenbank zu Rate gezogen worden war), die sich „Health Improvement Network“ nennt, also Netzwerk über gesundheitliche Verbesserungen. Diese Datenbank wurde von den Autoren der Studie auf Daten untersucht, die in einem Zeitraum von Januar 1987 bis Dezember 2013 erhoben worden waren und insgesamt 482 Tausend Statin-Patienten lieferten, plus zwei Kontrollgruppen. Diese bestanden aus 482 Tausend Einträgen von Menschen, die keinerlei cholesterin- oder blutfettwertsenkende Medikamente und 26 Tausend Einträge, wo Patienten blutfettwertsenkende Medikamente eingenommen hatten, welche pharmakologisch nichts mit Statinen gemeinsam haben (LLDs).

Resultate: Ein Vergleich der Gruppe der Probanden, die weder Statine noch LLDs einnahmen, mit der Gruppe der Statin-Patienten ergab, dass eine Neueinstellung auf Statine mit einem initialen Gedächtnisverlust innerhalb der ersten 30 Tage verbunden war. Ein Vergleich von LLDs mit der Gruppe ohne Medikation ergab den gleichen Zusammenhang: Auch hier zeigte sich eine Tendenz eines initialen Gedächtnisverlusts in der LLD-Gruppe. Ein Vergleich von Statinen und LLDs zeigte keine Unterschiede. Also kann man an dieser Stelle als vorläufiges Ergebnis festhalten, dass Statine und LLDs in etwa gleich großem Ausmaß zu einem initialen Gedächtnisverlust führen können, wenn Patienten neu auf die Substanzen eingestellt werden.

Die Erklärung der Autoren jedoch ist mehr als überraschend! Sie schließen aus der Tatsache, dass es sich bei Statinen und Lipidsenkern um pharmakologisch unterschiedliche Substanzen mit unterschiedlichen Wirkprofilen handelt, dass Statine nichts mit dem Gedächtnisverlust zu tun haben können.

Der Salto mortale der Statin-Wissenschaft

Vollkommen überrascht durch die Annahme der Autoren, dass Statine keinen Gedächtnisverlust bewirken, obwohl aus der Untersuchung ein zwingender Zusammenhang ersichtlich war (!), machte ich mich auf die Suche nach Kommentaren der Autoren zu dieser 180-Grad-Wende.

Fündig wurde ich in CBSnews. Hier wurde das Studienergebnis noch einmal bestätigt. Aber: weil Lipidsenker und Statine nicht den gleichen Wirkmechanismus haben, so wird weiter argumentiert, aber beide Gedächtnisverlust nach Neueinstellung zeigen, können sie nicht für den Gedächtnisverlust, den man leider nicht mehr wegdiskutieren kann, verantwortlich sein. Prima!

Und was, bitte schön, ist dann dafür verantwortlich?

Und jetzt kommt der Salto mortale der Statin-Wissenschaft, ansatzlos uns aus dem Stand gesprungen: Es ist die Psyche der Patienten, die nach einer Neueinstellung häufiger zum Arzt laufen, weil sie sich um ihre Gesundheit mehr Sorgen machen als andere Patienten oder jene, die keine Medikamente verschrieben bekommen haben.

Es kommt unseren Salto mortale Wissenschaftlern überhaupt nicht in den Sinn (so scheint es mir jedenfalls), dass Patienten nach Neueinstellung auf Statine oder Lipidsenker deshalb häufiger zum Arzt laufen, weil sie vermehrt Nebenwirkungen haben? Es kommt diesen Zirkusartisten auch nicht in den Sinn, dass, bei aller pharmakologischen Verschiedenheit, ein gemeinsamer Effekt bei Statinen und Lipidsenkern gegeben ist, und das ist die Senkung von Blutfettwerten?

Da klingt es schon fast wie die Erzählung eines Märchens aus Tausend-und-einer-Nacht, wenn einer der Autoren behauptet:

People have memory problems all the time. You lose your keys. You forget somebody’s name. When you get put on a new drug you’re more likely to blame it on the drug you just took.“

Zu deutsch: Leute haben immer Probleme mit dem Gedächtnis. Sie vergessen ihre Schlüssel. Sie vergessen den Namen von Leuten. Wenn sie dann auf ein neues Medikament eingestellt werden, dann ist es mehr als wahrscheinlich, dass die Vergesslichkeit auf das neue Medikament zurückgeführt wird.

Aha! Für mich ist diese Erklärung mehr als unverständlich, noch… Denn falls Leute „immer Probleme mit dem Gedächtnis“ haben, warum haben dann die Leute, die in der Studie keine Statine oder Lipidsenker genommen hatten, offensichtlich diese Probleme eben nicht? Denn wenn alle Gedächtnisprobleme hätten, dann gäbe es keine Unterschiede zwischen den drei Gruppen – oder sehe ich hier irgendetwas falsch?

Märchenhafte Schlüsse und Schüsse in eigene Knie

Es stellt sich die Frage, warum eine Meta-Analyse mit einem statistisch signifikantem Ergebnis ins komplette Gegenteil „verwandelt“ wird?

Gibt es Grund zur Sorge, dass die Statine doch nicht so verträglich sind und man hier eine Studie lancieren wollte, die „Gerüchte“ über Gedächtnisverlust etc. widerlegen sollte?

Denn es scheint renommierte Institutionen zu geben, die sich dem allgemeinen Jubel der Schulmedizin in Sachen Statine nicht unbedingt und bedingungslos anschließen wollen.

Die Mayo Clinic zum Beispiel betrachtet die Statine nicht aus Sicht der „Jubelparade“: Statin side effects: Weigh the benefits and risks. Unter dem Kapitel „Neurological side effects“ (neurologische Nebenwirkungen) wird eben genau dieser Gedächtnisverlust angesprochen. Mehr noch! Es ist die FDA, die vor dieser Nebenwirkung ausdrücklich warnt.

Wie sehen diese Warnungen seitens der FDA aus?

Auf einer relativ neuen Seite der FDA vom Januar 2014 heißt es: „FDA Expands Advice on Statin Risks“ (FDA erweitert Hinweis auf Statinrisiken). Aufgezählt werden auch die Statine, unter denen diese und andere Nebenwirkungen beobachtet worden sind. Und da trifft man auf sehr bekannte Namen: Crestor, Lipitor, Zocor etc. Die FDA scheint dieser Nebenwirkung so viel Beachtung zu schenken, dass die Behörde auf deren Seite ankündigt, den Beipackzettel der gängigsten Statine dementsprechend zu erneuern!

Scientific America (Statins May Affect Memory) berichtet, dass in den USA Hunderte von Patienten bei MedWatch, der Datenbank für Nebenwirkungen der FDA, Nebenwirkungen von Statinen berichtet hatten. Es handelte sich hier um Gedächtnisverlust, wirre Gedanken und Lernbehinderungen. Noch unheimlicher ist der Nachsatz: „…, and few studies have been done and the results are inconclusive“ (. . . nur wenige Studien wurden durchgeführt mit sich widersprechenden Resultaten).

Haben wir hier wieder eine Substanz auf dem Markt, die immer noch als unzureichend untersucht angesehen werden muss? Und weiter heißt es dort, dass einige Experten anfangen zu glauben, dass ein Teil der Patienten ein erhöhtes Risiko für diese Nebenwirkung haben. Da man aber bislang diese Nebenwirkung leugnet, sogar dann, wenn eine Studie dazu vorliegt, die diese Zusammenhänge fast unmissverständlich „belegt“, deshalb werden solche Nebenwirkungen oft als Demenzinterpretiert. Ich vermute sowieso seit langem, dass wir es mit einem sehr hohen Prozentsatz von Demenz-Patienten zu tun haben, die nicht dement sind, sondern an Nebenwirkungen von Medikamenten „leiden“. Und falls Sie das jetzt wieder für abwegig halten, dann gibt es noch ganz andere „Zahlen“, wie: Tod durch Medikamente.

Der eingangs zitierte Artikel der „Süddeutschen“ kann sich anscheinend auch nicht so recht mit der Erklärung der Autoren der Studie anfreunden:

„´Auch wenn es nichts damit zu tun hat, schieben sie die Schuld dann auf die Arznei’, sagt der Mediziner. Ob das tatsächlich die zahlreichen Studien erklärt, in denen Patienten von Gedächtnislücken berichten? Erinnert werden muss auch daran, dass Strom und sein Koautor Sean Hennessy Berater-Honorare von gleich mehreren großen Statin-Herstellern beziehen.

Ich bin froh, dass dieser Zusammenhang, Berater-Honorare und Studienergebnis (= Reinwaschung der Statine gegen jedwede Logik), von einer Stelle wie der „Süddeutschen“ kommt und nicht von irgendwelchen (angeblichen) Verschwörungstheoretikern oder gar MIR! Denn Meta-Analysen dieser Art mit derartig profunden Zusammenhängen werden unter anderen Umständen und mit anderen (=alternativen Heilverfahren) als „Beweis“ für deren Schädlichkeit gesehen. In diesem Fall muss die Fantasiefreudigkeit der Autoren den Schuss ins eigene Knie verarzten und ein vernichtendes Urteil über die Statine (und Lipidsenker, nicht vergessen!) verhindern. Und da können Berater-Honorare sehr hilfreich sein, beim Verarzten und bei der Anregung der Fantasie.

Mit weniger Fantasie und etwas mehr Fakten hatte ich bereits öfter (kürzere und längere) Beiträge zum Thema „Statine“ geschrieben. Wenn Sie sich umfassender damit beschäftigen möchten, dürfen Sie zu diesem Thema gerne mein Buch: „Das Märchen vom bösen Cholesterin“ bestellen.

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Fazit

Vorab vielleicht noch etwas zum Buch mit dem „Cholesterin-Märchen“. Die neue Meta-Analyse habe ich noch nicht eingearbeitet, aber die Studienergebnisse der letzten Jahre. Ich meine fast: eine aktuellere Zusammenfassung zum Thema finden Sie derzeit nicht. So, soviel Eigenwerbung sei mir hier einmal gestattet :-) Aber im Ernst: Ich bin der Meinung, dass Patienten umfassend darüber informiert sein sollten, was Sie einnehmen. Und: Bevor Sie irgendwelche Mittel absetzen, sprechen Sie bitte vorher mit Ihrem Arzt oder Heilpraktiker.

Zurück zum Fazit bezüglich der oben erwähnten Studie: Die vorliegende Studie beweist in erster Linie, dass die Schulmedizin ihre eigenen Studienergebnisse leugnet und uminterpretiert, wenn das Ergebnis nicht wie erwartet ausfallen will. Und das wiederum beweist, wie wenig Schulmedizin mit Wissenschaft zu tun hat. Und wenn es Christian Morgensterns Spruch nicht gäbe, dann müsste er hierfür eigens erfunden werden:

Und er kommt zu dem Ergebnis:

Nur ein Traum war das Erlebnis.

Weil, so schließt er messerscharf,

nicht sein kann, was nicht sein darf.

Hier ist es nicht der Traum, sondern die Psyche der Betroffenen, die das gewünschte Ergebnis herbeizaubert. Traumhaft!

 

 

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